Teilnehmerporträt: Farahnaz Ghadiri-1

Teilnehmerporträt: Farahnaz Ghadiri

27. März 2018

Farahnaz Ghadiri war seit 2016 Kursteilnehmerin an den Euro-Schulen Potsdam. Sie startete im April 2016 mit einem Integrationskurs, besuchte im Anschluss im Rahmen der berufsbezogenen Sprachförderung einen Kurs mit dem Zielniveau B2 und schloss nach knapp zwei Jahren im Februar diesen Jahres ihren Deutschkurs mit dem Zielniveau C1 und der Prüfung telc Deutsch C1 ab.

Farahnaz Ghadiris Geschichte

„Ich heiße Farahnaz Ghadiri und komme aus dem Iran. Ich bin am 23. Juli 1978 in Kermanshah geboren und möchte Ihnen hier die Geschichte meines Lebens erzählen.

Während meiner Kindheit war ich das Opfer von Entscheidungen von zwei Diktatoren. In den Jahren 1980 bis 1988 gab es Krieg zwischen dem Iran und dem Irak. Dieser Krieg hat meine Kindheit zerstört und allen Kindern in den Grenzstädten ihre Kindheit genommen. Ich musste sehr früh erfahren, was Tod bedeutet und zwar als meine beste Freundin eines Tages nicht mehr zur Schule kam. Auf ihrem Platz stand ein Blumenstrauß, der nach und nach verwelkte. Seitdem werde ich immer traurig, wenn ich einen verwelkten Blumenstrauß sehe.

Geschichte und Gedichte waren meine Lieblingsfächer. Aus diesem Grund studierte ich Literatur. Nach dem Studienabschluss war ich in der Zentrale einer Bank mit 1.800 Filialen tätig. Am Anfang arbeitete ich in der Abteilung, die sich um das Personal, den Posteingang und administrative Aufgaben kümmerte. Da ich sehr ehrgeizig bin, kannte ich innerhalb eines Jahres alle Programme. Der gute Umgang mit Kollegen hat mich vorangebracht. Später habe ich das Team der Kundenbetreuungsabteilung der Bank geleitet.

Im Winter 2009 wurde ich aufgrund meiner Teilnahme am Protest gegen Wahlbetrug vom Geheimdienst festgenommen. So wurde ich zum zweiten Mal das Opfer des diktatorischen Systems. Eine politische Meinung im Iran zu vertreten, bedeutete der Beginn des Verlustes meiner Heimat. Zwei  Jahre später nach der Entlassung wurde ich erneut angeklagt, so dass ich mich zur Flucht entschloss. Und das bedeutete für mich das Ende meiner Identität.

Mitte 2015 bin ich in Deutschland angekommen: müde, einsam und hoffnungslos. Alles, was ich erlebte, war zu viel für mich. Es folgte ein Aufenthalt in der Psychiatrie. Jetzt bin ich anders. Vieles hat sich in meinem Leben geändert. Zum Guten. Mein heutiges Leben verdanke ich dem Land und den Menschen, die mich geschützt haben. Da darf ich auch nicht außer Acht lassen, wie mich die Euro-Schulen und deren Dozenten begleitet haben, dass ich nicht nur Deutsch, sondern auch meinen Weg hier für mich erneut entdeckt habe. Schritt für Schritt haben sie mir, wie es Eltern machen, alles Neue in dieser Gesellschaft beigebracht.

Ich beende meine Geschichte mit dem Satz, den ich irgendwo im Internet gelesen habe: ‚Heimat ist kein Ort, sondern ein Gefühl.‘ Und ich fühle mich jetzt wohl. Ich habe es gefunden.“


Hinweis zur Gender-Formulierung: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwenden wir im Text nur eine Form. Bei allen personenbezogenen Bezeichnungen meint die gewählte Formulierung stets alle Geschlechter und Geschlechtsidentitäten.

Geschlechtergerechtigkeit gehört zu den Grundsätzen unseres Unternehmens. Sprachliche Gleichbehandlung ist dabei ein wesentliches Merkmal. Für den diskriminierungsfreien Sprachgebrauch verwenden wir in Texten den Gender Star bei allen personenbezogenen Bezeichnungen, um alle Geschlechter und Geschlechtsidentitäten einzuschließen. Versehentliche Abweichungen enthalten keine Diskriminierungsabsicht.
Teilnehmerporträt: Farahnaz Ghadiri-1